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Bemerkungen zum Forum Mitteleuropa 2025: Wird Mitteleuropa die post-Lissabon Ära der EU überstehen?

Deutsche Seiten, 12. 9. 2025

Vielen Dank für die Einladung zu diesem jährlichen Forum, das hier in Wien, in dem authentischen Zentrum Mitteleuropas, stattfindet. Das Wort Mitteleuropa gehört zu Wien mehr als zu jeder anderen Stadt.

Ich nehme Mitteleuropa so ernst, dass ich jedes Jahr Anfang September hierher kommen muss. Nicht viele Menschen in mitteleuropäischen Ländern nehmen es so ernst. Für manche ist das altmodisch und nicht mehr relevant. Leider. 

In der Einladung zum heutigen Treffen, die ich im April dieses Jahres erhalten habe, haben die Redner die Instruktion bekommen, dass sie „auf die letzten fünf Jahre zurückblicken und Trends für die kommenden Jahre diskutieren“ sollen. Ich werde mich bemühen, dieser Instruktion, die ich als einen freundlichen Befehl annehme, zu folgen. 

Es ist nicht einfach. In der jüngsten Vergangenheit, und insbesondere in den letzten fünf Jahren, sehen wir in Europa mehrere widersprüchliche Tendenzen, die in fast allen europäischen Ländern zu heftiger Polemik führten. Über die Entwicklung in Europa gibt es keinen Konsensus. 

Auf der einen Seite sind wir Zeugen des scheinbar unaufhaltsamen Siegeszugs der Europäisten, der Verteidiger der europäischen post-lissabonischen politischen Gestaltung, die sich benehmen, als hätten sie schon alle Karten in der Hand, als wären wir alle der Meinung, dass wir uns diese Entwicklung alle wünschen. Das manifestiert sich in einer Reihe von Erscheinungen und Ereignissen, die diese Menschen als eine Bestätigung nutzen, dass ihre Seite der Debatte siegt oder schon gewonnen hat. Zu diesen Erscheinungen gehören:

1. die andauernde Stärkung der Position und Kompetenzen der Europäischen Kommission und die Schwächung der Position der Mitgliedstaaten;

2. die zweite Wahl der total einseitig denkenden und keine authentischen Wähler habenden Ursula von der Leyen zur Vorsitzenden der Kommission (sogar noch vor den Europa-Wahlen, was eine brutale Verachtung der europäischen Wähler darstellt);

3. der ukrainische Krieg, der zu einem falschen Vereinigungstreiber und Zentralisierer der Europäischen Union geworden ist. Diese Zentralisierung und damit verbundene Dedemokratisierung Europas finde ich als den wichtigsten Kollateralschaden dieses Krieges;

4. das gewaltsame, aber reibungslose und fast von niemandem gebremste Durchsetzen des Green Deals trotz aller Kritik und Proteste vieler vernünftiger Menschen;

5. die allgemeine (und für manche sogar willkommene) Akzeptanz der Schwächung der Position des Nationalstaates und der Stärkung Brüssels und seines bürokratischen Apparates. 

Diese Liste ließe sich bestimmt relativ einfach und ohne große Mühe verlängern und ergänzen. 

Auf der anderen Seite ist es evident,

- dass die Bevölkerung Europas zu verstehen beginnt, was die EU tatsächlich bedeutet und wozu ihre verlaufende Evolution führt, die ganz leise und ohne Fanfaren verläuft;

- dass die Menschen beginnen, die immer stärker wirkenden Effekte der irrationalen grünen Politik und der riesigen Bürokratisierung der EU zu fühlen und sich erlauben, diese Effekte öffentlich und laut zu diskutieren und infrage zu stellen. 

Das war mein Versuch eine kurze Beschreibung der europäischen Entwicklungen der letzten Jahre zusammenzufassen. Die Organisatoren dieses Forums fragten aber auch nach der Zukunft. Man sollte sich an eine alte Weisheit erinnern, dass man nie prognostizieren sollte, besonders nicht über die Zukunft. 

Ich muss deutlich sagen, dass ich – als vorsichtiger und gemäßigter Mensch, als kein politischer Aktivist – fast keinen Unterschied zwischen der jüngsten Vergangenheit und der nahen Zukunft erwarte. Ich spreche nicht über das Jahr 2136, sondern über die vorstellbare Zukunft, die wir und unsere direkten Nachfolger erleben werden. Ich bin kein Fan von Wunschdenken. 

Ich vermisse jegliches Signal einer kommenden Wende. Solche Wende braucht mindestens drei Voraussetzungen: eine tiefe Unzufriedenheit mit der bestehenden Realität, ein klares, vorstellbares und verständliches Konzept der alternativen Zukunft, zu der wir gehen wollen, und eine Strategie für den Weg zu diesem Ziel. Das alles hatten wir im Moment der Samtrevolution in unserem Land (und – in unterschiedlichem Maße – auch in anderen mittel- und osteuropäischen Ländern) am Ende der achtziger Jahre, im Moment des Falls des Kommunismus. Diese drei Voraussetzungen habe ich hundertmal auf verschiedenen Versammlungen und Manifestationen geprägt, erklärt und verteidigt. 

Jetzt gibt es in Europa keine von diesen drei Voraussetzungen. Wir müssen das wissen und akzeptieren und keine falschen Erwartungen haben. Das ist aber keine Tragödie. Es kann nicht anders sein. Europa ist kein Subjekt der Geschichte und kann – ohne seine „Imperialisierung“, ohne seine Transformation in ein Imperium – nie eines werden. Diese drei Voraussetzungen müssen in einzelnen europäischen Ländern entstehen, nicht in Brüssel. Dann müssten diese EU-Mitgliedstaaten mit diesen Projekten auf der europäischen Ebene eventuell Zustimmung suchen und finden. Etwas ähnliches kann die Europäische Kommission nie schaffen. 

Es gibt in Europa ohne Zweifel eine gewisse Unzufriedenheit, die aber nicht sehr tief geht oder nicht von der Tiefe kommt. Die Menschen sind im Prinzip zufrieden. Im Jahr 1989 war die Ablehnung des Kommunismus grundsätzlich und authentisch, sie ist von der Tiefe gekommen. Wir hatten damals eine klare Alternative – die freie Gesellschaft (die parlamentarische Demokratie) und die freie Markwirtschaft. Die heutige so genannte liberale Demokratie ist leider etwas ganz Anderes als die parlamentarische Demokratie und die freie Marktwirtschaft. Und der Weg in die Zukunft kann nicht nur auf guten Absichten gegründet werden, der Weg wird sich als Produkt der politischen Realität ergeben. Oder auch nicht. Wir brauchen Politik und ideologisch definierte politische Parteien. Solche Parteien haben wir heute leider nicht. 

Freundliche Konferenzen wie die heutige sind wichtig. Sie sind aber nur eine Vorstufe. Wir müssen mit diesen Ideen in die Politik gehen, was aber nicht alle von uns bereit sind.  

 

Václav Klaus, Forum Mitteleuropa 2025, Haus der Industrie, Wien, 12. 9. 2025

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