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Notizen zur Präsentation des Buches „Europa?“ in Nürnberg

Deutsche Seiten, 13. 1. 2011

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für diese sehr freundliche Aufnahme, für die Herausgabe meines Buches und für die Möglichkeit wieder einmal, nach langer Zeit, in Nürnberg zu sein. Ich war in den letzten zwei Jahren in vielen deutschen Städten – Berlin, Dresden, Düsseldorf, Bochum, Frankfurt, Freiburg, München, Passau – aber in Nürnberg war ich, wenn ich mich nicht irre, zum letzten mal vor fast zwanzig Jahren. Das sieht wie ein Paradox aus. Nürnberg war die erste nicht nur deutsche, sondern auch westliche, oder kapitalistische Stadt, die ich in meinem Leben gesehen habe. Im Mai 1962, auf dem Weg nach Luxemburg und Belgien, wo ich mit meiner Mannschaft Basketball gespielt habe, habe ich hier, im Zentrum, in der Nähe des Bahnhofs, ein paar Stunden verbracht.

Ich freue mich, dass mein Buch zum Thema Europa in deutscher Sprache veröffentlicht wurde. Zuerst erlauben Sie mir, den wichtigsten Personen, die mir mit der Herausgabe dieses Buches geholfen haben, zu danken: an erster Stelle dem Vorsitzenden der Nürnberger Versicherungsgruppe, Herrn Hans-Peter Schmidt, der als Honorarkonsul der Tschechischen Republik hier in Nürnberg tätig ist, Frau Petra Kluger aus dem Context Verlag und Herrn Oliver Papp von der Druckerei Aumüller, ohne die die Herausgabe dieses Buches nicht so schnell erfolgen konnte. Eine wichtige Rolle hat der Botschafter der Tschechischen Republik in der Bundesrepublik Deutschland, Herr Rudolf Jindrák, gespielt, dessen Idee es war, ein solches Buch zu verfassen. Ich bin auch sehr froh, dass dazu der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog ein wertvolles Vorwort geschrieben hat. Was die Themen meines Buches betrifft, steht mir Dr. Herzog von den deutschen hochstehenden Politikern der letzten Zeit am nähesten.

Das Buch, das Sie in den Händen halten, ist die Sammlung meiner Texte, Aufsätze, Reden und Vorlesungen aus den Jahren 2005 – 2010. Es handelt sich nicht um alle meine Texte zum Thema Europa und Europäische Union. In dieser Zeit habe ich mehrere Texte geschrieben, die meisten aber in tschechisch und englisch. Das Besondere an dieser Sammlung ist, dass sie aus Texten und Reden besteht, die ursprünglich in Deutsch geschrieben waren. Wir mussten daher für dieses Buch nichts übersetzen. Ich weiß sehr gut, dass mein Deutsch zu einfach und nicht wortreich genug ist, hoffe aber, dass Sie meine Argumente und Überlegungen trotzdem verstehen werden.

Ich habe das Gefühl, dass meine Ansichten über Europa von vielen ausländischen Politikern und Journalisten nicht nur trivialisiert und misinterpretiert, sondern sehr oft auch karikiert und dämonisiert werden. Hoffentlich wird diese Auswahl meiner Texte den Lesern die Möglichkeit bieten, sich über meine Ansichten ihre eigene Meinung zu machen.

Was nicht missinterpretiert werden kann, ist die Tatsache, dass ich den Entwicklungen in Europa in den letzten Jahren und Jahrzehnten sehr kritisch gegenüber stehe. Die Probleme, die ich sehe und die – glaube ich – alle, die offene Augen haben, auch sehen müssen, sind keine Randphänomene, die man – eventuell – mit ein paar einfachen Maßnahmen beseitigen könnte. Ich halte sie für Geburtsfehler, die  wir leider nicht einfach korrigieren können.

In Europa haben sich in den letzten Jahrzehnten, nach dem relativ erfolgreichen Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg, einige Prozesse getroffen, die ich destruktiv und vernichtend für die Freiheit und Prosperität in Europa finde. Wo sehe ich sie?

- Europa hat die paternalistische und deshalb unproduktive soziale Marktwirtschaft angenommen;

- die Ineffektivität dieses Systems wurde im Laufe der Zeit durch die Akzeptanz der grünen Ideologie des Environmentalismus noch erhöht;

- der daraus entstandene Verlust der menschlichen Motivation zur Arbeit und Selbstvervollkommnung wurde mit der massiven Immigration unter der Fahne des Multikulturalismus weiter verstärkt;

- die Staaten, die den einzigen und unersetzbaren Raum und Mechanismus darstellen, wo Demokratie möglich ist, wurden systematisch – und leider mit Erfolg – unterdrückt und geschwächt. Die Europäer haben vergessen, dass alle bekannten Beispiele des Totalitarismus in der Geschichte in Strukturen größer als Staaten, d.h. in Imperien oder Reichen entstanden sind;

- die mit Europa verbundene Individualität und Diversität und die sich daraus ergebende Dynamik der Wirtschaft und Gesellschaft wurden durch die administrative Integration und Unifizierung, durch die exzessive Standardisierung und Harmonisierung und durch den Übergang vom Intergovernmentalismus zum Supranationalismus verloren.

Das sind in Kürze die Themen, die ich in meinem Buch diskutiere. Erlauben Sie mir, allen, die das Buch in die Hand nehmen und bereit sind, es zu lesen, zu wünschen, dass Sie dort etwas Neues und Interessantes finden.

Václav Klaus, Rede anlässlich der Präsentation des Buches „Europa? Ausgewählte Reden, Vorträge und Texte des Präsidenten der Tschechischen Republik 2005–2010“, Marmorsaal der Nürnberger Akademie, Nürnberg, 13. Januar 2011

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