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Václav Klaus für die Weltwoche: Wie sollen wir die Parlamentswahlen in Prag interpretieren?

Deutsche Seiten, 1. 12. 2025

Die diesjährigen tschechischen Parlamentswahlen, die Anfang Oktober stattgefunden und enorme Erwartungen hervorgerufen haben, haben eine wichtige politische Wende in der Tschechischen Republik gebracht. Die alte Regierung – eine Koalition von fünf sehr unterschiedlichen und im Prinzip progressistischen Parteien – hat die Wahlen verloren. Die neue Regierung hat mit 108 zu 92 Sitzen eine zuverlässige parlamentarische Mehrheit. Dieses Kräfteverhältnis ist identisch mit der alten Mehrheit, nur in umgekehrter Richtung. 

Fialas passive Akzeptanz

Die neue Regierung mit drei Koalitionsparteien ist nicht völlig homogen, aber der Wille, zusammenzugehen und zu regieren, ist stark. Das Verhalten der wichtigsten Medien und des Staatspräsidenten, die politisch auf der anderen Seite stehen, hält sie zusammen. Einfach gesagt: Die alte Regierung war politisch korrekt im Sinne der heute weltweit dominierenden Vorstellungen. Das gerade veröffentlichte Programm der neuen Regierung zeigt den Unterschied zwischen den beiden Regierungen in dieser Hinsicht klar und deutlich. 

Diesen Unterschied sehe ich besonders in drei wichtigen Themen unserer Gegenwart. Dazu gehören:

1 – die Problematik der Europäischen Union, ihre exzessive und ständig wachsende Zentralisierung, die Transformation der EU in eine politische Union, die Bestrebungen, das Einstimmigkeitsprinzip der Entscheidungen in der EU zu eliminieren, die Unterdrückung der Rolle der Nationalstaaten;

2 – der Green Deal und die darin enthaltene aggressive und aktivistische grüne Ideologie;

3 – der Ukraine-Krieg und seine potenzielle Lösung. 

Die alte Regierung von Ministerpräsident Petr Fiala war in all diesen Themen völlig einseitig und zeichnete sich durch folgende Haltungen aus: je mehr EU-Zentralisierung, desto besser; passive Akzeptanz der grünen, wissenschaftlich unbelegten Forderungen; Absenz von Rationalität, Weisheit und Pragmatismus bei der Beurteilung des Krieges.

Die neue, noch nicht existierende Regierung von Ministerpräsident Andrej Babis kann ich den Lesern der Weltwoche noch nicht vorstellen. Sie wird grosse Schwierigkeiten haben, insbesondere aufgrund des Zustands der öffentlichen Finanzen, den die alte Regierung hinterlassen hat. Die neue Regierung hat sich selbst eine zusätzliche Belastung aufgeladen, weil sie im Wahlkampf zu viel Unnötiges versprochen hat. 

Und nicht nur das. Die grüne Ideologie ist in der heutigen EU fast unmöglich zu beseitigen. Die Menschen verstehen leider nicht, dass die grüne Ideologie mit Naturschutz nur wenig zu tun hat. Es geht um reine Ideologie. 

Es ist ausserdem schwer, in Europa – und besonders in Mittel- und Osteuropa – zu erklären, dass der Ukraine-Krieg nicht nur schwarzweiss interpretiert werden sollte. Trotz allen meinen positiven Erwartungen bin ich mir nicht hundertprozentig sicher, dass die neue Regierung in diesen drei entscheidenden Bereichen tatsächlich eine radikale Wende verwirklichen wird. Eine solche Wende wäre aber dringend notwendig. Besser gestern als heute. 

Die neue Regierung wird aus drei Parteien gebildet, die nicht identisch sind. Die grosse Partei ANO mit Andrej Babis als Chef (nicht nur Vorsitzender) ist eine «catch-all party», die ideologisch nicht klar definiert ist. Er ist ein erfahrener Politiker und dominiert die tschechische Politik schon seit mehr als zehn Jahren. Er war zuerst Finanzminister, dann Ministerpräsident. In der europäischen Politik hat er genügend Erfahrung. Er weiss sich in Brüssel gut zu bewegen. 

Die kleineren Parteien – die Motoristen und die Partei der direkten Demokratie (SPD) – sind ideologisch klarer positioniert. Besonders die Motoristen sind nicht weit entfernt von den traditionellen europäischen rechtsgerichteten politischen Bürgerparteien und verteidigen klassische Ideen – die Marktwirtschaft, einen ausgeglichenen Staatshaushalt, den Nationalstaat (statt internationale Institutionen), parlamentarische Pluralität (statt die heute so beliebten NGOs) und so weiter. 

Streit und ­Obstruktionen

Zwei dieser Parteien, die ANO und die Motoristen, sind Mitglieder der neuen EU-Parlamentsfraktion «Patrioten für Europa», was sie zusammenhalten wird. Diese Mitgliedschaft kann auch zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen Ungarn, der Slowakei und der Tschechischen Republik führen. Besonders in dieser Hinsicht hat die alte tschechische Regierung von Ministerpräsident Fiala grossen Schaden angerichtet. 

Unsicher bleibt die Rolle des tschechischen Staatspräsidenten Petr Pavel. Er war eng mit der alten Regierung verbunden und wird auf deren Politik nicht verzichten können. Deshalb muss er in einer spezifischen Form der «Kohabitation» leben, was er aber nicht mit Vergnügen machen wird. Ich erwarte einen permanenten Streit. 

Das alles steht noch in den Sternen. Die neue Regierung existiert noch nicht. Ich erwarte ­Obstruktionen, die alles in die Länge ziehen werden. 

Václav Klaus, Die Weltwoche, Nummer 48, 27. November 2025

 

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