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Gerade jetzt: Mehr Freiheit

Deutsche Seiten, 9. 1. 2009

Es herrscht die allgemeine Einschätzung, dass Tschechien den Ratsvorsitz der Europäischen Union zu einem schwierigen Zeitpunkt übernimmt. Wir sollten jedoch nicht in Panik geraten und müssen uns denen entgegenstellen, die uns - indem sie den jetzigen Zeitpunkt als historisch einzigartig bezeichnen - nur manipulieren wollen. 

Natürlich gibt es Probleme. Die Welt steckt in einer schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Die EU hat zusehends Schwierigkeiten mit ihrem immer deutlicher sichtbaren Demokratiedefizit. Sie ist tief gespalten, was die Organisation ihrer Institutionen anbelangt. Das globale Klima verändert sich im Grunde gar nicht, aber Umweltaktivisten ist es gelungen, Politiker (und zum Teil Normalbürger) davon zu überzeugen, dass der Weltuntergang bevorsteht. Aufgrund dieser falschen Annahme will man unsere Freiheit und unseren Wohlstand beschneiden. 

Die Wirtschaftskrise sollte als unvermeidliche Folge und deshalb auch als "gerechter" Preis dafür angesehen werden, dass unanständige Politiker mit übersteigertem Selbstvertrauen mit dem Markt spielten. Ihre Versuche, dem Markt die Schuld zu geben anstatt sich selbst, sind inakzeptabel und sollten entschieden zurückgewiesen werden. Die tschechische Regierung wird die Welt und Europa - hoffentlich - nicht in mehr Regulierung, Verstaatlichung, Protektionismus und strengere Auflagen für die Märkte treiben. Unsere historische Erfahrung in dieser Hinsicht ist uns eine klare Warnung. 

Um eine Analogie zu bemühen: Bei der Suche nach Auswegen sollten wir streng unterscheiden, ob gerade das Feuer gelöscht wird oder neue Brandschutzbestimmungen erarbeitet werden. Zunächst müssen wir uns auf Ersteres konzentrieren. Die zweite Aufgabe kann schrittweise, ohne Eile und frei von Panik erfolgen. Eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte, wie sie derzeit so häufig vorgeschlagen wird, würde die Rezession nur verlängern. Das Wachstum der Weltwirtschaft nimmt rapide ab, die Banken vergeben keine Kredite mehr, das Vertrauen schwindet. Mitten in einer Rezession die Kontrolle der Finanzinstitutionen radikal zu ändern ist kontraproduktiv. 

Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage muss gestärkt werden. Traditionell besteht eine Möglichkeit darin, die Staatsausgaben zu erhöhen, etwa durch Infrastrukturprojekte. Viel hilfreicher wäre es jedoch, alle Beschränkungen zu reduzieren, denen private Initiativen im Zeitalter der schönen neuen Welt von "sozial-ökologischer Marktwirtschaft" unterworfen wurden. Am besten wäre es, vorübergehend die "Standards" in den Bereichen Arbeit, Umweltschutz, Sozialwesen oder Gesundheit zu lockern oder ganz abzuschaffen, da sie rationales menschliches Handeln blockieren. 

Bei der Pattsituation um die "EU-Verfassung" wird die tschechische Regierung Europa - hoffentlich - nicht zu einem immer enger geknüpften Staatenverbund führen, zu einem Europa der Regionen (anstelle von Staaten), zu einem zentralisierten, supranationalen Europa oder zu einem stärker kontrollierten und regulierten Europa, das von oben dirigiert wird. Tschechien wird das Motto für seine Präsidentschaft, "Europa ohne Grenzen", hervorheben und entsprechend für mehr Liberalisierung, den Abbau von Handelsschranken und das Ende des Protektionismus eintreten. 

Unsere historische Erfahrung gibt uns eine klare Vorgabe: Wir brauchen mehr Markt und weniger Intervention des Staats. Auch wissen wir, dass ein Scheitern der Regierung teurer ist als ein Scheitern des Markts. 

Außerdem können wir gewiss sein, dass die tschechische Regierung nicht zum Verfechter der Schwarzmalerei in Sachen globale Erwärmung wird. Aus Sicht der Tschechen sind Freiheit und Wohlstand viel stärker gefährdet als das Klima. Ob das derartige Ausmaß der Klimaerwärmung einzigartig ist, ist nicht bewiesen. Die Erklärungen zu den Faktoren, die zum Klimawandel beitragen, sind nicht sonderlich überzeugend. Bemühungen, den Klimawandel zu lindern, indem man CO2-Emissionen reduziert, sind nutzlos. 

Vor allem aber hat sich erwiesen, dass sich die Menschen an Klimaveränderungen anpassen können. Wir sollten unsere Aufmerksamkeit lieber anderen, wirklich beängstigenden Problemen widmen. 

Auch im Jahr 2009 wird die Welt bewaffnete Konflikte erleben. Internationaler Terrorismus und Gebiets- und Religionsstreitigkeiten werden für uns alle Folgen haben. Wir wissen, dass Frieden nicht einseitig erklärt werden kann und dass dauerhafte Lösungen meist nicht von außen aufgezwungen werden können. Tschechiens Regierung wird keine externe Einmischung in die innenpolitischen Belange souveräner Staaten unterstützen. Wir sollten uns dagegen sperren, den Ambitionen von Philosophenkönigen zu erliegen. 

Trotz aller Kritik an den Mechanismen der EU zur Entscheidungsfindung werden die pragmatischen Tschechen nicht versuchen, eine paneuropäische "samtene Revolution" auszurufen. Sie werden vielmehr ihre Interessen und Prioritäten vertreten. Wir werden andere behandeln, wie wir behandelt werden wollen - mit Respekt für abweichende Ansichten. Es wäre erfreulich, wenn sich zumindest in einigen Fällen ein gemeinsamer Nenner finden ließe. Sich auf Verhandlungen und auf die positiven Wirkungen unterschiedlicher Meinungen zu stützen ist das, was Europa zu Europa macht. 

Der EU-Ratsvorsitz gibt uns vielleicht Gelegenheit, einige unserer Ansichten zum Vorteil der Bürger in allen EU-Staaten zu nutzen. Ihr Wohlergehen und ihr Glück werden in einem freien, demokratischen, dezentralisierten, offenen und liberalisierten Europa maximiert.

Václav Klaus, Financial Times Deutschland, 9. Jan. 2009

Der originale Artikel war publiziert in Financial Times unter dem Titel "Do not tie markets - free them" am 7. Januar 2009

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