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Interview des Präsidenten der Tschechischen Republik für die WirtschaftsWoche

Deutsche Seiten, 10. 11. 2007

Herr Präsident, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt sich während ihrer Staatsbesuche auf der ganzen Welt für den Klimaschutz ein. Überall findet sie Gehör. Nur bei Ihnen nicht. Warum?

Die unfaire und irrationale Debatte über die globale Erwärmung ärgert mich. Das Thema entwickelt sich mehr und mehr zum grundsätzlichen ideologischen Konflikt unserer Gegenwart.

Frau Merkel hat sich einer Ideologie verschrieben?

Sie glaubt vermutlich an diese Ideen. Das überrascht mich. Denn gerade als ausgebildete Physikerin ist sie doch ohne Zweifel fähig, umstrittene Hypothesen zu prüfen. Aber das zeigt eben auch, dass es hier gar nicht um Wissenschaft geht. Die Klimaschutz-Bewegung verkörpert eine neue Ideologie. Erstaunlich, dass gerade Frau Merkel diese vertritt – sie hat doch selbst in einer sozialistischen Gesellschaft gelebt. Sie kennt doch die Gefahr, die mit solchen, gegen die Freiheit gerichteten Ideologien verbunden ist.

Halten Sie die Bundeskanzlerin für eine Weltverbessererin?

Ich möchte nicht Frau Merkel analysieren. Die Welt verbessern, das wollen Utopisten. Für Politiker sind Utopien aber manchmal eine ausgezeichnete Sache, denn dadurch können sie sich mit der entfernten Zukunft beschäftigen und müssen sich nicht mit dem Tagesgeschäft herumärgern. Solche Politiker sind Eskapisten, sie wollen der Wirklichkeit entfliehen. Das Thema Klimawandel eignet sich hervorragend für diese Flucht, denn da kann man 50 oder sogar 100 Jahre in die Zukunft planen, Visionen entwickeln – ohne dass der Wähler die Folgen kontrollieren kann.

Eine Flucht wovor?

Politiker fliehen vor der Leere, vor ihrer eigenen Ideenlosigkeit. Sie haben keine Inhalte, mit denen sie die Gegenwart füllen könnten.

Gilt das auch für den amerikanischen Präsidenten George W. Bush, der sich inzwischen ebenfalls für das Klimathema zu erwärmen scheint?

Bush und ich haben einige Male darüber gesprochen. Bei unserem letzten Treffen in New York am Rande des UN-Klimagipfels im September hat er mich gefragt: „Vaclav, wo ist Dein Buch? Ich warte schon darauf“ (lacht). Als Amerikaner sieht er das Ganze etwas pragmatischer. Amerikaner waren nie an Utopien interessiert.

Die Environmentalisten, wie Sie sie nennen, beschreiben Sie in Ihrem Buch “Blauer Planet in grünen Fesseln“ nur vage. Wer sind jene ominösen Verschwörer, die Sie für so gefährlich halten?

Die Klimadebatte selbst bedarf einer soziologischen Analyse. Da sind zunächst Politiker, die den Klimaschutz aus den genannten Gründen auf die Agenda setzen. Dann Journalisten, die den ganzen Wirbel nutzen und als Trittbrettfahrer auf das titelträchtige Thema aufspringen. Und auch die Klimaforscher handeln nur zu ihrem eigenen Nutzen, auch sie maximieren ihren Profit, widmen sich den Themen, die die meisten Fördergelder versprechen.

Zu denen, die Sie angreifen, zählen seriöse, angesehene Forscher. Sind das alles opportunistische Kleingeister?

Nehmen wir den Klimabericht der Vereinten Nationen. Was darin steht, entscheidet das Präsidium des Internationalen Panels für Klimawandel (IPCC). Dort sitzen fast keine authentischen Wissenschaftler. Leute wie IPCC-Präsident Rajendra Pachauri waren vielleicht einmal wissenschaftlich aktiv, inzwischen aber sind sie Bürokraten. Den letzten Fachartikel haben diese Leute vor mehreren Jahren veröffentlicht. Heute machen sie Politik. Und unter den wirklichen Wissenschaftlern gibt es viele, die keine eigenen neuen Ansätze finden. Sie folgen einfach dem Mainstream.

Wissenschaftler können sich doch gerade durch Widerspruch profilieren. Wenn es berechtigte Kritik gibt – warum findet sie dann kein Gehör?

Was dem so genannten Konsens dieser Klimatologen widerspricht, findet gar nicht erst Eingang in den UN-Klimabericht. Ich bekomme täglich Briefe aus der ganzen Welt von Wissenschaftlern, die gegen die herrschende Meinung anschreiben – aber keiner will sie hören oder ihre Thesen drucken. Sie liegen einfach nicht im Trend.

Damit unterstellen Sie der Klimaforschung, sie zensiere sich selbst.

Wissen Sie, das Ganze kommt mir sehr bekannt vor. Ich wurde nach dem Prager Frühling, als die Warschauer Pakt-Truppen einmarschierten, von der tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften ausgeschlossen, weil ich als Feind des Marxismus betrachtet wurde. Ich konnte in den Siebzigerjahren keinen einzigen Artikel über Volkswirtschaft verfassen.

Sie sind ausgebildeter Ökonom, kein Klimaforscher – können Sie diese wissenschaftliche Debatte überhaupt beurteilen?

Als arbeitsloser Volkswirt nahm ich damals eine Stelle in der Staatsbank der Tschechoslowakei an. Dort standen die ersten Computer. Ich sollte an statistischen und ökonometrischen Modelle arbeiten und habe mich so gegen meinen Willen mit Dingen beschäftigt, die wichtig und relevant für die Klimatologie sind. Die Klimatologie ist nicht die Welt von Physik und Chemie, wo man ein kontrolliertes Experiment tausendmal wiederholen kann. Da geht es um Daten und Hypothesen, die man entweder akzeptiert oder nicht. Man arbeitet mit Zeitreihen mit der Hilfe der statistischen Analyse.

Misstrauen Sie deshalb den Methoden der Klimaforscher?

Ich habe jahrelang mit ähnlichen Modellen gespielt. Ich habe hunderte und tausende ähnlicher Gleichungen immer wieder gerechnet, hier einen Parameter verändert, dort einen hinzugefügt und weiß, wie radikal sich durch die geringste Modifikation das Gesamtergebnis der komplexen Modellen ändern kann. Deshalb bin ich dieser Methodik gegenüber prinzipiell sehr kritisch.

Streiten Sie den Klimawandel rundweg ab?

Nein, natürlich nicht. Dass das Klima sich wandelt, weiß doch jedes Kind. Dafür muss man kein Nobelpreisträger sein, dazu braucht man auch keine Professur am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. Natürlich spielt auch der Mensch eine Rolle. Aber die entscheidende Frage ist doch: Wie groß ist der Einfluss der Menschen auf diesen Prozess? Dabei streitet die Wissenschaft über Größen im Dezimalbereich. Ist es die dritte, vierte oder fünfte Stelle nach dem Komma? Das ist die seriöse Frage, die wir beantworten müssen. Und dazu gibt es keinen Konsens.

Sie sagen, Environmentalisten wie der ehemalige amerikanische Vizepräsident Al Gore bedrohten mit ihren Denkverboten die Freiheit. Mit dem Begriff der Freiheit argumentiert es sich leicht. Denn wer wäre nicht für die Freiheit? Was verstehen Sie eigentlich darunter?

Das lässt sich kaum in ein paar Sätzen beantworten. Ich meine sowohl die politische, als auch die wirtschaftliche und wissenschaftliche Freiheit. Wichtig ist für mich, dass nichts vor dieser Freiheit stehen darf. Kommunismus war eine Variante dieser Ideologien, die etwas anderes „Heiliges“ vor die Freiheit setzten. Environmentalismus folgt derselben Logik: Erst kommt das Klima, dann die Freiheit, dann die Prosperität. Solche Prioritäten sind falsch. Für mich ist die Freiheit ein wichtiger Wert. Wir Tschechen haben unsere eigenen Erfahrungen mit Unfreiheit gemacht. Wir reagieren auf die Bedrohung von Freiheit sensibel, vielleicht sogar übersensibel – das können die Menschen in Westeuropa manchmal nicht so gut verstehen.

Die Europäische Union hat sich – mit Zustimmung der tschechischen Regierung – ehrgeizige Klimaziele gesetzt. Mit Ihren Ansichten stehen Sie doch völlig allein da.

Ich bin nicht allein. Ich finde aber die heutige Situation in Europa und den USA mitunter tragisch. Ich habe bei der Klimakonferenz in New York in meiner Rede als einziger die Klimapolitik kritisiert. Beifall gab es dafür nicht. Erst danach beim Abendessen sind viele Regierungschefs auf mich zugekommen und haben mir gratuliert. „Das war notwendig, jemand musste das sagen“, hieß es. Anscheinend bedarf es inzwischen politischer Tapferkeit, sich gegen die Klimapolitik auszusprechen.

Wer hat sich denn bei Ihnen bedankt?

Die Namen kann ich nicht nennen. Das wäre den Betroffenen nicht recht.

Sie argumentieren, Wirtschaft und technischer Fortschritt seien in der Lage, alle durch den Klimawandel entstehenden Probleme zu lösen. Was macht Sie da so sicher?

Nicht die Wirtschaft – der Markt! Dieser Unterschied ist fundamental. Ich glaube an den Markt. Mein ganzes Leben lang habe ich Wirtschaft in all ihren Ausprägungen studiert, bereits im Kommunismus. Plan versus Markt, Steuerung versus Spontaneität – die ewige Debatte seit Adam Smith. Warum ich so überzeugt bin? Das ist mein Leben. Ich habe hundertmal gesehen, wie Regierungen sich irren. Der Markt ist nicht perfekt, aber seine Fehler sind im Vergleich zu denen der Regierungen gering. Ich habe in einer Planwirtschaft gelebt – für mich sind die 50-Jahres-Pläne von Angela Merkel heute genauso falsch wie die Fünfjahrespläne damals.

Was halten Sie vom Emissionshandel? Wenn Kohlendioxid einen Preis bekommt, können die Kräfte des Marktes frei wirken.

Unsinn. Das ist ein Schwindel der Klimatologen und Environmentalisten. Das können nur die falschen Ökonomen unterstützen. Das ist Dirigismus und kein freier Markt. Diese Methode erscheint bestenfalls marktfreundlich. Emissionshandel ist nur eine Variante des gespielten Marktes, den ich als klassischer Liberaler ablehne.

Es gibt Unternehmer, die am Umweltschutz verdienen. Deutschland ist inzwischen Marktführer bei Umwelttechnologien. Da passen Umwelt und Unternehmergeist doch wunderbar zusammen.

Dass Unternehmer an den Bemühungen, Energie zu sparen, verdienen, ist völlig klar. Schließlich müssen alle sparsam mit ihrer Energie umgehen. Etwas anderes ist es, wenn Unternehmer mit alternativen Technologien ein Geschäft machen. Die Geschäfte mit Photovoltaik und Windkraft sind nämlich nur möglich, weil die Regierungen hohe Subventionen zahlen. Diese Unternehmen spielen mit den politischen Vorgaben und nicht nach den Regeln des freien Marktes.

Niemand bezweifelt, dass wir Verbotsschilder im Straßenverkehr brauchen. Ohne ein Minimum an Regeln droht Gesellschaften das Chaos. Brauchen wir nicht auch ein paar Warnschilder für den Umweltschutz?

Das kommt darauf an, ob wir über Umwelt oder Klima diskutieren. Ich habe natürlich nichts gegen Gesetze, die verbieten, den Abfall in den nächsten Teich zu werfen. Aber die Umweltschutzgesetze – vor allem die der EU – gehen inzwischen zu weit. Immerhin kennen wir bei Umweltsünden die negativen Konsequenzen unseres Handelns. Wenn der Teich verseucht ist, ist er verseucht. Beim Klimawandel ist nicht sicher, wohin er führt und wie groß der menschliche Einfluss überhaupt ist. Das ist eine Gleichung mit vielen Unbekannten – deshalb bin ich gegen restriktive Klimagesetze und andere Formen von Dirigismus.

Václav Klaus, WirtschaftsWoche, 10.11.2007

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