Klaus.cz






Hlavní strana » Deutsche Seiten » Gespräch in "Die Presse"


Gespräch in "Die Presse"

Deutsche Seiten, 11. 5. 2001

DIE PRESSE: Sie haben in Sachen Kernkraftwerk Temelín alle kritisiert: Die Regierung Zeman, den österreichischen Bundeskanzler, alle. Was ist Ihr Vorschlag zu Lösung des Problems?

Václav Klaus: Meine Position ist ganz klar: Vernunft gegen Irrationalität. Meine Position ist es, die Vernunft gegen irrationale Angriffe und Positionen von verschiedenen unverantwortlichen Leuten zu verteidigen, die zu den grünen Fundamentalisten gehören. Es tut mir leid, daß aus Angst um Wählerstimmen auch die vernünftigen Politiker solche Argumente kaufen und auch benützen. Hier gibt es keine Flexibilität.

Meinen Sie hier beide Seiten oder nur die österreichische?

Klaus: Alle Seiten. Sie haben gesagt, daß ich die tschechische Regierung auch kritisierte, aber das ist etwas anderes. Ich kritisierte den Mangel an Verhandlungen, den Mangel an offenen Debatten, das ist eine schlechte Taktik, aber das hat mit dem Hauptthema nicht direkt zu tun.

Aber haben Sie einen konkreten Vorschlag?

Klaus: Die Politiker auf beiden Seiten müssen ihre Vernunft benützen und auch das machen, was ihnen nicht immer nur Beifall bringt. Das heißt: Man muß manchmal was verlieren, um dann am Ende die Ergebnisse zu bekommen. Es scheint mir, daß die Politiker - besonders auf der österreichischen Seite - schon soviel politisch investiert haben, daß sie jetzt kaum mehr Spielraum haben. Es ist nicht meine Aufgabe, in dieser Situation einen Rat zu geben. Aber ich bin ganz sicher, daß die österreichischen Politiker mehr an der innerösterreichischen Achse arbeiten müssen als an jener zu den Tschechen.

Nochmals, was konkret?

Klaus: Man soll sich mit anderen Dingen beschäftigen. Es gibt viel wichtigere Dinge auf der Welt. Es scheint mir, daß in Österreich eine falsche Gewichtung existiert. Man sollte Temelín nicht dämonisieren. Wenn Sie Temelín weiter dämonisieren, dann gibt es bestimmt keine Lösung. Man muß Temelín als eine normale Sache nehmen.

Abseits von Temelín. Wie stellt sich die österreichisch-tschechische Beziehung sonst dar?

Klaus: Temelín ist heutzutage sehr schwierig auszuklammern. Sonst ist das hier eine ganz normale Nachbar-Beziehung. Ich sage immer, wir haben keine Schwierigkeiten mit Madagaskar oder Patagonien. Mit den Nachbarn hat man Probleme. Das ist ganz normal. Die Debatte über die sieben Jahre Übergangsfrist bei der Arbeitskräftebewegung ist auch ein Unsinn. Das ist für uns hundertprozentig unannehmbar. Es gibt nichts auszutauschen. Die Freizügigkeit gehört zu den wichtigsten Freiheiten der europäischen Integration, und da gibt es keinen Spielraum.

Könnten Sie sich eine Lösung vorstellen, wie sie etwa die Ungarn anbieten: Eine permanente Beobachtung der Entwicklung und Maßnahmen erst, wenn es zuviel Bewegung am Arbeitsmarkt gibt?

Klaus: Das ist schon unter meinem Empfindungsniveau. Ich erwarte keine dramatische Bewegung der tschechischen Bevölkerung nach Österreich.

Welchen Kompromiß können Sie sich vorstellen?

Klaus: Das geht nicht. Wir leben schon in einer Übergangsfrist. Wir sind schon fünf Jahre ein Kandidatenland. Wir leben schon in einer Übergangszeit, und wir werden noch vor dem Beitritt ein paar Jahre in einer Übergangssituation bleiben. So, das sind schon Ihre sieben Jahre. Aber Sie wollen sieben plus sieben, daß ist schon sehr viel. Das ist schon in der Nähe von meinem hypothetischen Datum der Erweiterung - als ein Geschenk zum 100jährigen Jubiläum der großen Oktober-Revolution im Jahre 2017. Das ist ein Geschenk nach dem Kollaps des Kommunismus.

Sie sind Parlamentspräsident. Welche Hausaufgaben muß Tschechien vor einem EU-Beitritt noch erledigen?

Klaus: Prinzipiell: Je stärker desto besser. Ja, wir müssen stärker sein, um wirkliche Partner in der Europäischen Union zu sein. Das ist die Hausaufgabe. Technisch ist es gleich, ob wir 900 Gesetze für den Beitritt erledigen oder 920. Das hat mit dem Beitritt nichts zu tun. Er ist eine politische Sache.

Was halten Sie von der Strategische Partnerschaft zwischen Österreich und den EU-Kandidaten?

Klaus: Das geht leider nicht. Wenn mitteleuropäischen Politiker wirklich seriös nach der Bedeutung des Wortes Mitteleuropa suchen wollen, bin ich als ein Professor bereit, an dieser Debatte teilzunehmen, aber als ein politisches Konzept verstehe ich das überhaupt nicht. Ich weiß, was ich sage: Das hat keine Zukunft und keine Bedeutung.

Warum eigentlich nicht?

Klaus: Warum Ja? Solche Identitäten existieren nicht mehr.

Nähe spielt da keine Rolle?

Klaus: Diese Frage akzeptiere ich nicht. Diese historischen Beziehungen kenne ich sehr gut, aber politisch - für das Heute - hat das keine Bedeutung.

Dennoch wird Tschechien an der Konferenz am 6. Juni teilnehmen?

Klaus: Das weiß ich nicht. Wir haben schon so viele leere politische Initiativen, die Visegrád-Gruppe, die mitteleuropäische Initiative. Noch so eine kleine Gruppe zu haben, ist wirklich kontraproduktiv.

Hat Österreich in der Zusammenarbeit mit der Tschechischen Republik etwas versäumt?

Klaus: Das Image Österreichs ist nicht schlechter geworden. Österreich hat nichts versäumt. Es ist ökonomisch ganz aktiv in der tschechischen Republik und in der Konkurrenz mit anderen Ländern. Was noch? Sie suchen eine spezifische österreichische Rolle, und eine solche gibt es nicht.

Es gibt aber Studien, die von enttäuschten Erwartungen , nicht geleisteter Hilfe sprechen.

Klaus: Wir haben nichts erwartet. Sie haben das Wort Hilfe benutzt, sogar dieses Wort akzeptiere ich nicht. Ich habe immer gebeten: Bitte gebt uns keine Hilfe, macht Busineß. Das wird uns mehr helfen als die sogenannte Hilfe, die in der Realität keine Hilfe ist.

Dennoch . . .

Klaus: Ich möchte eine offene Gesellschaft. Ich möchte die Öffnung der Tschechischen Republik, und ich habe auch wiederum von der anderen Seite erwartet, daß es keine karitativen Positionen gibt. Die Länder, die Staaten helfen, tun das nur aus Egoismus. Das ist reine Rhetorik von Politikern, Hilfe ist das überhaupt nicht. Am meisten hilft es denen, die Hilfe geben, nicht denen, die sie bekommen.

Welche Position haben Sie in der Debatte um die Benes-Dekrete ?

Klaus: Die Benes-Dekrete sind 56 Jahre Vergangenheit. Für mich sind sie ungefähr so etwas wie die Goldene Bulle von Sizilien. Und Sie fragen mich auch nicht, was ich dazu für eine Position habe. Wir benützen die Bulle nicht, und wir benützen die Benes-Dekrete auch nicht.
Das ist so nicht glaubhaft, denn Sie müssen mit der Diskussion um die Benes-Dekrete in Österreich als politisches Problem rechnen.
Klaus: Nein, nein, nein. Das brauchen wir nicht.

Václav Klaus, 11.5.2001

vytisknout

Jdi na začátek dokumentu