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Freiheit für die Europäer

Deutsche Seiten, 7. 2. 2011

Europa ist jetzt – nach dem Ende der postkommunistischen Transformation in unserem Land – das Hauptthema meiner Überlegungen und de facto meines Lebens. Ich sehe, dass Europa heute ein fundamentales und leider langfristiges Problem hat. Das will ich laut sagen, obwohl das der überwiegende Teil der europäischen Politiker nicht hören will.

Zuerst zwei Bemerkungen: 1) Die europäischen Politiker bemühen sich – unter anderem – die EU und Europa gleichzusetzen, was ein konzeptioneller Fehler ist. Als die Tschechische Republik im Jahr 2004 Mitglied der EU wurde, hieß es oft in Brüssel: „Willkommen in Europa“. Das konnte ich nicht akzeptieren. Wir waren damals „nur“ ein neuer EU-Mitgliedstaat, aber in Europa sind wir immer gewesen.

2) Man sollte einen klaren Unterschied auch zwischen der Integration und der heutigen Entwicklung, die ich Unifikation nenne, machen. Die erste Hälfte der europäischen Integration ist im Prinzip positiv verlaufen. Alle wollten die Öffnung Europas, die allgemeine Liberalisierung des Lebens und der Wirtschaft und die Beseitigung der Barrieren, die nach dem Zweiten Weltkrieg existierten. Was danach passiert ist – die künstliche Unifizierung, Harmonisierung und Zentralisierung von oben – wollten wir nicht alle. Europa wird nie eine Nation werden, und es ist auch völlig sinnlos, die Nationalstaaten beseitigen zu wollen. Ich gehöre zu denen, die ernsthaft bezweifeln, dass es möglich ist, die Freiheit und Demokratie zu bewahren ohne die Einhaltung der Institution des Staates, ohne die Existenz des Volkes (Demos) und ohne direkte Bindung an diejenigen, die über sie und für sie Tag für Tag wichtige Entscheidungen treffen.

Mit den Verträgen von Maastricht und Lissabon ist dieser – für mich ohne Zweifel negativer – Trend zu noch mehr Zentralisierung, Unifizierung und Standardisierung verschärft worden.

Allein die Änderungen der Namen und Abkürzungen, die im Zusammenhang mit der EU benutzt werden, sind ein guter Beweis für diesen zunehmenden Zentralismus. Anfangs war es noch die EWG, die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Daraus ist später die mit zusätzlichen Kompetenzen ausgestattete Europäische Gemeinschaft (EG) geworden und dann Anfang der 90er Jahre die Europäische Union (EU). Es ist keine Gemeinschaft mehr, sondern eine Union, die vor ein paar Jahren in die Europäische Währungsunion (EWU) transformiert wurde. Die weitere Entwicklung ist völlig klar: Derzeit wird über die EFU gesprochen, über die Fiskal-Union auf europäischer Ebene. Und weiter hinten am Horizont zeichnet sich schon das Gebilde einer EPU ab, einer Europäischen Politischen Union.

Ein kardinaler Fehler ist der Euro. Eine gemeinsame Währung für verschiedene Länder schaffen zu wollen ist immer eine ziemlich komplizierte Sache. Darauf habe ich schon vor 20 Jahren hingewiesen und deshalb ist für mich die heutige Entwicklung in der Euro-Zone keine Überraschung. Als Wirtschaftswissenschaftler halte ich nicht viel davon, das Instrument der flexiblen Wechselkurse aufzugeben, und damit eine wichtige wirtschaftspolitische Anpassungsmöglichkeit zu verlieren. Eine tiefe interne Abwertung, wie sie etwa die baltischen Staaten während der jüngst geschehenen Krise durchmachen mussten, ist völlig unnötig – wenn man eben die eigene Währung noch hat.

Ich halte es auch für sehr bedenklich, dass sich die „soziale Marktwirtschaft“ als dominantes Wirtschaftssystem in Europa behauptet hat. Ich habe 50 Jahre in einem sehr ineffizienten kommunistischen System gelebt und sehe da viele Parallelen mit dem heutigen Europa. Man kann berechtigt sagen, dass Europa wirtschaftlich nicht erfolgreich ist und es auch nicht werden kann.

Es geht nicht nur um den sozialen Aspekt des Wirtschaftssystems, sondern auch um den ökologischen, der dazu allmählich hinzugekommen ist. Insbesondere der heutige ganz irrationale Kampf gegen die angebliche Aufheizung der Erdatmosphäre hat die europäischen Effizienzprobleme noch verstärkt. Ich würde sogar soweit gehen, dem für seine Klimapolitik weltweit gefeierten Al Gore und seinen Anhängern eine Mitverantwortung für die jüngsten Entwicklungen in Tunesien und Ägypten zu geben. Dort wird nicht nur für die Demokratie demonstriert, sondern auch gegen zu stark gestiegene Lebensmittelpreise. Und das liegt auch an der neuen Klimapolitik, die die Handschrift von Al Gore trägt. Wenn die Felder weltweit immer häufiger für Bio-Treibstoffe und nicht für Lebensmittel verwendet werden, dann hat das natürlich seine Folgen. Und die EU hat diesen falschen Umweltgedanken unkritisch aufgenommen.

Ich wünschte mir, dass wir die weitere Zentralisierung durch die EU zumindest etwas bremsen könnten. Sie völlig anzuhalten oder gar umzudrehen, das wird noch schwieriger.

Václav Klaus, Handelsblatt, 7. Februar 2011

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