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Innsbruckrede: Drei Bedrohungen unserer Freiheit

Deutsche Seiten, 16. 3. 2007


Sehr geehrter Herr Rektor, sehr geehrter Herr Dekan,

Damen und Herren,

es ist für mich eine große Ehre und wirkliche persönliche Freude, bei ihnen, an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, ein Ehrendoktorat der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften zu erhalten. Das meine ich ganz aufrichtig. Vielen Dank für diese Auszeichnung, als auch für die Möglichkeit mit Ihnen hier zusammentreffen zu können.

Schon dreimal hatte ich die Gelegenheit hier in Innsbruck, an Ihrer weltbekannten Universität, sprechen zu dürfen.

Zum ersten Mal, und das war die Böhm-Bawerk Vorlesung im Jahre 1995, habe ich über Böhm-Bawerk und über die ganze Österreichische Schule der Volkswirtschaftslehre gesprochen. Ich habe mich bemüht, die Inspiration zu beschreiben, die wir – in der Tschechischen Republik – während der radikalen Transformation unserer Gesellschaft und Wirtschaft von der österreichischen Schule bekommen haben. Wir haben gut verstanden, dass der fundamentale Systemwechsel kein „exercise in applied economics“ ist, dass er nicht von oben orchestriert werden kann, dass in einer wirklich demokratischen Gesellschaft keine „Dirigenten“ eines solchen Prozesses existieren können, dass wir „nur“ die Rahmenbedingungen vorbereiten müssen und dass dieser Prozess „nur“ die Gesetze der spontanen Evolution der Komplexsysteme folgen muss, die so klar von der Österreichischen Schule beschrieben wurden.

Meine zweite Rede hier war im letzten Jahre und ich habe sie Europa gewidmet. Meine verstärkte Empfindlichkeit, die ich – so wie viele andere, die hinter dem Eisernen Vorhang lebten – immer noch fühle, zwingt mich einige heutige europäische Tendenzen kritisch zu bewerten. Meine Kritiker hören meine Argumente leider nicht und lehnen alle Einwände, die für Sie „politisch unkorrekt“ sind, a priori ab. Ich habe z. B. nie gesagt, dass ich in der europäischen Kooperation, in dem freundlichen, friedlichen, für uns alle günstigen und bereichenden Zusammenleben der europäischen Länder nur Freihandel sehe und suche. Ich habe mehrmals etwas anderes gesagt, und zwar dass die Bewegung zu „ever-closer Europe“ – die so genannte EU-Vertiefung, die schnelle politische Integration, die supranationalistische Tendenzen ohne authentische europäische Identität und ohne europäischen Demos – für die Freiheit und Demokratie in Europa nicht nur unnötig, sondern gefährlich sind.

Diese Tendenzen beschädigen die Freiheit und Demokratie, weil diese zwei, für uns so kostbare Werte ohne Mechanismen der parlamentarischen Demokratie in dem klar definierten Gebiet eines Staates nicht realisierbar sind. Wegen der Harmonisierung und Standardisierung der Gesetze, Vorschriften und Normen in einem, nicht homogenen Raum beschädigen sie auch die Prosperität der europäischen Länder und ihre Konkurrenzfähigkeit vis-à-vis „the rest of the world.“

Auch heute kann ich mich nicht außer den Hauptthemen meines Lebens bewegen. Man muss immer wieder über die Freiheit der Menschen sprechen. Als Bedrohung der Freiheit habe ich in meiner ersten Rede Kommunismus genannt, und in zweiter Rede Europäismus, eine Ideologie, die die schleichende Unifizierung und Postdemokratisierung des europäischen Kontinents motiviert und verteidigt.

Die dritte Bedrohung sehe ich im Environmentalismus, in einer Ideologie, die über den Naturschutz spricht, die aber dieses für die Leute beliebten Thema als einen Umweg für die radikale Umgestaltung der menschlichen Gesellschaft benützt. Die Natur zu schützen und für zukünftige Generationen zu bewahren ist ohne Zweifel unsere Pflicht, aber katastrophische Warnungen permanent zu präsentieren, um ihre gesellschaftliche Vorstellungen zu verwirklichen, ist von den Nachfolgern dieser Ideologie nicht nur unfair, sondern gefährlich. Als besonders gefährlich sehe ich, dass ihre Prognosen, die bereits mehrmals abgelehnt wurden, im quasi-wissenschaftlichen Kleid präsentiert werden.

Die Gefahr, die die Environmentalisten benützen, ändert und entwickelt sich. Zuerst war es die Erschöpfung der Ressourcen, dann die Wasser- und Luftverschmutzung, dann die Überbevölkerung (die so genannte „Bevölkerungs-Bombe“), die aber sehr schnell – und ohne um Entschuldigung zu bitten – zum „aging“ (Altern) der Bevölkerung umgewandelt ist, Ozonlöcher, und endlich die globale Erwärmung. In allen diesen Fällen wurden radikale Maßnahmen vorgeschlagen, die von oben organisiert und erzwungen werden sollten.

Was gehört zu dieser Ideologie?

- Die Ablehnung der unsichtbaren Händen des Marktes und der daraus folgende Glaube an Staatsdirigismus;

- die Vernachlässigung der Rolle von wichtigen und mächtigen Wirtschaftsmechanismen und Instituten – besonders von Eigentum und Preisen – für eine effektive Naturbewahrung;

- das Missverständnis der Natur oder der Substanz der Ressourcen, des Unterschiedes zwischen Naturressourcen, die nur potenzial sind, und der wirklichen, in der Wirtschaft ausnutzbaren Ressourcen, die mit der menschlichen Tätigkeit verbunden sind;

- der malthusianische Pessimismus über den technischen Fortschritt;

- der Glaube an die Dominanz von Externalitäten in menschlichen Aktivitäten;

- die Durchsetzung von dem so genannten „precautionary principle“ (Vorsorgeprinzip), der die Risikoaversion maximalisiert;

- die Unterschätzung des langfristigen Wachstums des Einkommens und der Wohlfahrt, was die grundsätzliche Nachfrageverschiebung in Richtung Naturschutz hervorbringt (das demonstriert die so genannte environmentalische Kuznets-Kurve);

- die falsche Diskontierung der Zukunft, was die weltbekannte Nikolas Stern-Nachricht vor ein paar Monaten so klar demonstrierte.

Das alles sind Fehler und Irrtümer, die mit den Sozialwissenschaften und nicht mit Naturwissenschaften verbunden sind. Deshalb gehört Environmentalismus zu den Ideologien und nicht wie Ökologie zu den Naturwissenschaften. Das verstehen die Leute und manche Politiker leider nicht oder nicht genügend.

Die Hypothese der globalen Erwärmung und der Rolle von Menschen in diesem Prozess ist die letzte, und bis heute die beste Verkörperung der environmentalistischen Ideologie. Sie hat den Environmentalisten verschiedene wichtige Vorteile hervorgebracht:

- die empirische Analyse dieses Phänomens ist sehr kompliziert wegen der Komplexität des globalen Klimas und wegen der Mischung von verschiedenen langfristigen, mittelfristigen und kurzfristigen Tendenzen (und Ursachen);

- die Basis der Argumentation sind nicht die einfache empirische Messungen oder Laborexperimente, sondern die „sophisticated“ Modellexperimente, die an vielen ungeprüften Voraussetzungen basieren und die nicht alle verstehen;

- die Gegner dieser Hypothese müssen akzeptieren, dass es in diesem Falle sehr oft um nicht internalisierende Externalitäten geht;

- die Leute erinnern sich nur an die extraordentliche Klimaerscheinungen, und nicht an die normale Entwicklung und langsame langfristige Tendenzen.

Ich habe keine Absicht hier die Argumente für die „Refutation“ (Widerlegung) oder für die Falsifikation dieser Hypothese zu präsentieren. Viel wichtiger sind die Vorschläge der Manipulation der Menschheit und der menschlichen Aktivitäten, die die Environmentalisten durchsetzen wollen. Diese Vorschläge zu verwirklichen wird uns wieder in eine Ära des Etatismus und der Limitierung unserer Freiheit führen. Unsere Aufgabe ist, der ideologische Environmentalismus von der wissenschaftlichen Ökologie deutlich zu unterscheiden.

Gerade dazu wollte ich mit diesen Bemerkungen einen Beitrag geben. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Václav Klaus, Rede bei der Verleihung des Ehrendoktorates der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, 16. März 2007

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