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Die Rede des Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik an der Leipziger Messe

Deutsche Seiten, 12. 4. 1996

Sehr geehrter Herr Bundespräsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich außerordentlich, daß ich zu diesjähriger Eröffnung der Leipziger Messe eingeladen wurde. Viele von Ihnen wissen wahrscheinlich, daß in unserem Land die Parlamentenwahl bevorsteht, und man könnte meinen, ich sollte heute besser meine Reden zu Hause halten. Ich bin aber davon überzeugt, daß meine Anwesenheit in Leipzig - gerade heute - das richtigste ist, was ich tun konnte.

Ich danke für die Einladung in Ihre schöne Stadt, wo ich noch nie in meinem Leben war, ich bin froh, daß ich wieder unser Nachbarbundesland Sachsen besuchen kann, mit dem wir eine so gute Zusammenarbeit haben. Es ist eine große Freude für mich, Herrn Bundespräsidenten Herzog und Herrn Ministerpräsidenten Biedenkopf zu treffen, mit denen ich in den letzten Jahren eine Reihe von freundschaftlichen und konstruktiven Gesprächen führen konnte.

Ich freue mich, nach einer langen Zeit, in einem der so genannten "Neuen Bundesländer" zu sein, obwohl ich weiß, daß der Ausdruck "neu" in diesem Zusammenhang mindestens zweischneidig ist, da es sich ja um keine neuen Länder handelt. Die ostdeutschen Länder erleben in diesen Jahren den gleichen Prozeß wie wir in der Tschechischen Republik. Sie erleben eine radikale Demontage des kommunistischen Regimes und streben aus allen Kräften nach Schaffen eines neuen demokratischen Systems, begründet auf der menschlichen Freiheit, Demokratie und Marktwirtschaft. Davon träumten wir ganze Jahrzehnte und erst jetzt haben wir die Möglichkeit, diesen Traum zu verwirklichen.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, was diese radikale Veränderung von uns verlangte und noch verlangen wird. Ich möchte betonen, daß wir in der Tschechischen Republik von Anfang an eine klare Vision der gesellschaftlichen Ordnung hatten, in der wir leben wollen, daß wir eine realistische und realisierbare Strategie hatten, wie dies zu erreichen, und nicht zuletzt hatten wir die notwendige Fähigkeit der Politiker, um die Mitbürger von diesen Plänen zu überzeugen. Ich weiß, daß es in diesen Sachen zwischen unseren Ländern viel Gleiches oder Ähnliches gab. Ich weiß aber auch, daß es wichtige Unterschiede gibt.

Erst die Zukunft wird zeigen, ob wir diese einzigartige historische Aufgabe meisterten, mit welchen Kosten und wie schnell. Das eine war für euch einfacher, das andere für uns, einige Probleme lösten wir besser, andere wieder ihr. Wir können aber schon heute sagen, daß wir beide sehr weit fortgeschritten sind. Ich bin überzeugt davon, daß wir die eigene Transformation (im engeren Sinne des Wortes) schon überwunden haben, und daß wir uns mehr und mehr mit den gleichen Problemen befassen müssen, wie die hochentwickelten westeuropäischen Nachbarstaaten. In jedem Fall kann ich Ihnen versichern, daß wir die Entwicklung in Ihrem Land sehr aufmerksam beobachten und uns bemühen, aus Ihren Erfahrungen zu lernen, so wie Sie auch aus unseren lernen können.

Ich hoffe, daß auf beiden Seiten des Erzgebirges verstanden wurde, daß der Ausgangspunkt für ein rationelles gesellschaftliches System die Freiheit, die Schaffenskraft und Initiative der Menschen das Wichtigste ist, und daß die Rolle des Staates zweirangig und nur ergänzend ist. Nach so einer Gesellschaft streben wir in der Tschechischen Republik, und unsere vorige Erfahrung gibt uns gerade in diesen Sachen eine ganz besondere Empfindlichkeit (bis Überempfindlichkeit). Deswegen sind wir bemüht, daß wir die Begriffe wie "Liberalisierung", "Deregulierung" und "Privatisierung" (und zwar nicht nur als eng ökonomische Begriffe) bis zu Ende führen können, damit wir nicht auf dem halben Weg stehen bleiben. Auch deshalb verfolgen wir aufmerksam die Entwicklung in Westeuropa und versuchen, allen Fehlern zu entgehen, die wir dort sehen.

Beide unsere Länder verbindet auch unser Streben nach einem gemeinsamen Anteil an dem europäischen Integrationsprozeß. Vielleicht bemerkten Sie, daß die Tschechische Republik im Januar dieses Jahres ihre Anmeldung zu der Europäischen Union einreichte, und daß wir aufrichtig daran interessiert sind, so schnell wie möglich zu ihrem Mitglied zu werden, damit wir dadurch das europäische Geschehen nicht von außen, sondern von innen beeinflußen können. Die Anmeldung reichten wir in dem Moment ein, wo wir überzeugt waren, daß wir zu diesem Schritt wirklich vorbereitet sind. Es war von uns also keine leere Geste.

Es verbindet uns auch unsere Nachbarschaft, unsere gemeinsame Grenze. Vor zwei Wochen schnitt ich festlich die Binde eines bedeutenden tschechisch-deutschen, oder wenn Sie wollen deutsch-tschechischen Werkes durch, das die Erdölleitung Ingolstadt - Kralupy (Kralup a.d. Moldau) darstellt. Bei meiner festlichen Rede betonte ich, daß dieser Bau die sehr gute Qualität unserer gegenseitigen Beziehungen symbolisiert, und den Gästen versprach ich, das gleiche auch heute zu sagen, am Tag der Eröffnung der Leipziger Messe. Ich sage es mit vollem Bewußtsein der Probleme, die wir haben, oder die als Probleme präsentiert werden. Es gibt keine Zweifel, daß die Vergangenheit für jeden Menschen, für jede menschliche Institution, für jedes Land nicht nur ein Aktivum, sondern auch ein Passivum ist, daß sie auf ihre Art und Weise eine Last ist, der man sich aber nicht einfach entledigen kann, die man nicht neu gestalten kann und die man nicht noch einmal erleben kann, wie sehr wir es auch möchten. Die Vergangenheit läßt sich nicht gewinnen, gewinnen kann man nur die Zukunft. In diesem Sinne kann die Vergangenheit nur ein Memento und Belehrung sein. Ich bin traurig darüber, daß es nicht alle so begreifen, daß es bis heute solche unter uns gibt, die vorwiegend zurückblicken, und die lieber die Vergangenheit anders gestalten möchten, als daß sie sich um heutige und zukünftige Sachen bemühen.

Die Besucher der Leipziger Messe, und vor allem die Firmen, die an der Messe teilnehmen, sehen die Welt nicht durch diese Optik, die leben für die Gegenwart und schauen mit viel Vertrauen in die Zukunft. Sie kamen hierher, um neue Kontakte zu machen, neue Geschäfte, neue Freundschaften. Auch deswegen halte ich die Leipziger Messe nicht nur aus der ökonomischen Sicht für wichtig.

Die Tschechische Republik präsentiert sich hier mit ihrer größten ausländischen Exposition überhaupt. Ich möchte glauben, daß auch die Teilnahme unserer Firmen zum Erfolg diesjähriges Jahrgangs beitragen wird. Ich freue mich, daß ich die ausgestellten Exponate besichtigen kann, daß ich dabei viel Interessantes finde, und daß ich mich davon überzeugen kann, daß die Tschechische Republik Ihrer Messe was anzubieten hat. Die Garantie für die guten Nachbarnbeziehungen zwischen unseren Ländern bilden nicht nur freundschaftliche Gesten der Politiker, sondern viel mehr die Tausende von alltäglichen Kontakten unter den Tschechen und den Deutschen auf allen Gebieten der menschlichen Tätigkeit. Gerade über diese Alltäglichkeit freue ich mich und hoffe, daß es in der Zukunft immer mehr Kontakte sein werden. Ich bin aber bereit, auch die schon erwähnten freundschaftlichen Gesten zu tun, weil ich weiß, daß sie wichtig sind. Auch deswegen bin ich hierher gekommen.

Die Messe ist - als ein Platz für verschiedenste Treffen - gerade eine symbolische Äußerung für die natürliche, spontane Integrierung der einzelnen Länder. Sie ist ein Symbol des Marktes, ein Symbol für das nichtbyrokratische Europa, und ich glaube fest daran, daß es uns allen in der Wirklichkeit gerade um das geht.

Gestatten Sie, daß ich mich noch einmal für Ihre Einladung bedanke, und daß ich meine Freude zum Ausdruck bringe, daß ich heute da sein durfte, und daß mir die Gelegenheit gegeben wurde, hier zu sprechen.

Václav Klaus, Leipzig, 12. April 1996

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