Klaus.cz






Hlavní strana » Deutsche Seiten » Europa nach der Einführung…


Europa nach der Einführung des Euro

Deutsche Seiten, 14. 3. 1998

Ich danke Ihnen für die Einladung zu diesem Forum, dessen Themen ich gerade zu diesem Moment für sehr interessant halte. Fast alles wurde in den letzten Jahren in Europa schon gesagt und langsam beginnen wir uns zu wiederholen. Es erklingt eine riesige Kakophonie von Stimmen, wir reden mehr, als wir zuhören, wir führen mehr einen Monolog statt einen Dialog. Hoffentlich war das heutige Treffen besser.

Europa, beziehungsweise die Europäische Union, nähert sich - in zwei Aspekten - zu einer weiteren ihrer Entwicklungsetappen. Es ist einerseits die Einführung einer gemeinsamen Währung – das ist der wichtige Aspekt der Vertiefung der europäischen Integration, andererseits die Öffnung Richtung Mittel- und Osteuropa - das ist der Aspekt der Verbreitung der europäischen Integration.

Vor diesen Schritten brauchen wir keine Angst zu haben, nur seriös analysieren sollten wir sie und uns darauf seriös vorbereiten. Wir sollten uns nicht des Europessimismus oder Eurooptimismus beschuldigen. Wir sollten Eurorealisten sein, und falls wir schon etwas ablehnen sollten, dann den Euronaivismus. Ich wurde leider um mich herum mit vielen Ausdrücken eben dieses Zutritts konfrontiert - und zwar die ganze Zeit meiner politischen Karriere.

Es gibt keine Zweifel, daß uns in Europa das Streben nach Freiheit, Sicherheit und Prosperität verbindet. Diese mehr oder weniger unbestrittenen Ziele können aber auf unterschiedlichste institutionelle Weise und im verschiedenen Ausmaß und Tiefe realisiert werden.

Ein scheinbar bis zu abstrakter und theoretischer Unterschied zwischen den Instrumenten und den Zielen ist für mich immer wichtig, und für die Debatte über Europa gilt dies doppelt. Dieser Unterschied wird aber oft verheimlicht. Die europäische Integration (und ihre potentionellen Varianten) sollten aber kein Ziel um sich, oder kein Ersatz für andere Ziele werden. Leider muß ich feststellen, daß genau auf diese Art und Weise die ganze Sache in vielen Debatten der letzten Zeit gesehen wurde.

Es scheint mir selbsverständlich, daß die Form der europäischen Integration von den Zielen selbst (und nicht umgekehrt) abhängen sollte, von ihrem Ordnen, von ihrer relativen Wichtigkeit und gleichzeitig von den nichttrivialen trade-offs unter ihnen.

Wir sollten sich selbst eine Reihe von ähnlichen Fragen stellen. Gibt es z.B. einen Zusammenhang (oder trade-off) zwischen der Freiheit und der Sicherheit, zwischen der Sicherheit und der Prosperität und zwischen der Freiheit und der Prosperität? Die Antwort ist nicht ganz offensichtlich. Ich habe das Gefühl, daß die gegenwärtigen mit der Europauniffizierung verbundenen Ambitionen (welche auch die Europäische Währungsunion beinhalten) von der Voraussetzung ausgehen, daß einige Ziele den anderen hoch vorgesetzt werden. Einfach gesagt, das ungenügend strukturierte und spezifizierte Ziel, Frieden (oder Sicherhiet, oder Gefahrsenkung eines weiteren Kriegskonflikts in Europa), für manche von uns einen so wichtigen Platz einnimmt, daß dadurch jegliche seriöse Debatte über weitere Ziele oder die Beziehungen unter ihnen geblockt wird.

Die Verbreitung der Europäischen Union Richtung Osten halte ich für eine riesige und gleichzeitig einmalige Chance für Europa. Ich bin fest überzeugt, daß diese EU-Verbreitung zu einem positiven Beitrag für die Ziele wird, die ich erwähnt habe.

Trotzdem möchte ich ein paar Bemerkungen zu diesem Thema machen. Einerseits ist es zweifellos, daß sich einzelne Länder, die Mitglieder der EU werden möchten, in verschiedenen Phasen ihrer Bereitschaft zu solch einem Schritt befinden. Alle diese Länder machten in der letzten Zeit riesige Schritte vorwärts, aber die Ergebnisse sind nicht gleich; und ich hoffe, daß die tatsächlichen Unterschiede und die erreichten Ergebnisse - nicht die aprioristischen Gefühle - bei der gesamten Bewertung entscheidend sein werden. Das anhaltende „Blockdenken“ ist das unangenehme Erbe der Vergangenheit, und es blockt in der Wirklichkeit den Prozeß der Verbreitung. Wenn ich für die Tschechische Republik spreche, sind wir uns der Tatsache bewußt, daß wir als künftiges EU-Mitglied wirkliche Partner und keine schwarzen Passagiere für die schon existierenden Mitgliedsstaaten sein werden, und wir wissen auch, daß wir uns auf diese Rolle gut vorbereiten müssen.

Andererseits müssen wir auch Willen und Bereitschaft der Europäischen Union selbst erwähnen, neue Mitglieder aufzunehmen. Ich weiß die offiziellen Deklarationen und die politischen Erklärungen zu schätzen, die den Prozeß der Erweiterung Richtung Osten begrüßen, aber gleichzeitig muß ich viele Gegenäußerungen erwähnen. Es ist unbestritten, daß die Union, breiter um die Mitgliedsländer mit einem niedrigeren Brutto-Sozial Produkt per capita mehr kosten wird, nicht weniger. Dieses Faktum sollte akzeptiert und auf eine verständliche Weise definiert werden. In diesem Zusammenhang muß ich sagen, daß z. B. die neulichen Erklärungen über eine mögliche zukünftige Beitragssenkung der einzelnen Länder in das EU-Budget, die von den Steuerzahlern in allen gegenwärtigen Mitgliedsländern sehr positiv und mit riesigen Erwartungen empfunden werden, gleichzeitig im Moment der EU-Erweiterung als Warnung in den assoziierten Ländern interpretiert werden.

Unlängst ist mir ein Artikel in die Hand gekommen, von dem ehemaligen EU-Kommissar Claude Cheysson geschrieben („Defining Europe´s Place in the World“, The Philip Morris Intitute for Public Policy Research, September 1997), in dem er sagt: „Whether we like it or not, there is not going to be much scope in an enlarged Union for funding the same depth of integration as with a smaller EU made-up of wealthier members“ (Seite 33). Falls das der Ausdruck der Nicht-Zustimmung zu dem schon existierenden übermäßigen und zu großzügigen „funding“ der allermöglichen Politiken des Wohlstandstaates sein soll, ist das sehr versprechend für alle liberalen und konservativen Politiker (und ihre Wähler). Falls das aber als Warnung gemeint ist, daß die Verbreitung nicht möglich sei, deutet es auf ein nicht geringes Problem hin. Und ich muß zugeben, daß es eben so in den künftigen Mitgliedsländern interpretiert wird. Letzten Monat sagte sogar einer der EU-Ministerpräsidenten in einem Interview für Die Presse, daß der Prozeß der Verbreitung in den kommenden Jahren zu den unpopulärsten (am wenigsten populären) Projekten in Europa sein wird. Dieses Problem muß für uns schnellstens geklärt werden.

Das gewagteste „Vertiefungsprojekt“ der Gegenwart ist zweifellos die Europäische Währungsunion. Ich nehme an, daß dieses Projekt realisiert sein wird, möchte aber nicht spekulieren, wieviel Länder gleich am Anfang daran teilnehmen werden. Die Kriterien wurden festgestellt, und ich hoffe, an diesen wird man sich auch halten, damit allen Ländern, die sich an diesem Projekt beteiligen möchten, die Beteiligung möglich gemacht wird.

Meine Argumente gehen eine andere Richtung. Sie gehen zu den möglichen Folgen der Währungsunifikation hin. Die gut bekannten Maastricht-Kriterien sind makroökonomisch, während die ökonomische Theorie der „optimum currency areas“ in den mikroökonomischen Kategorien definiert ist, was grundsätzlich unterschiedlich ist. Die Größe der Staatshalhaltsdefizite oder die Staatsverschuldung haben keinen Zusammenhang mit dem Grad der Lohnrigidität oder der Arbeitsmobilität oder auch mit der Auftretung der sogenannten „assymetric shocks“.

Es gibt da aber ein fehlendes Glied, oder - wenn Sie möchten - ein mögliches verbindendes Glied zwischen beiden erwähnten Aspekten, und das ist die Fiskalpolitik. Ich bin mit denen einverstanden, die damit argumentieren, daß die Währungsunion für ihr erfolgreiches Fungieren den fiskalen „Föderalismus“ erfordert, und daß „der Währungsraum nicht größer sein sollte als der Fiskalraum.“

Die Währungsunion hat natürlich seine Erträge, aber auch seine Kosten. Wir alle wissen bestimmt, daß die größten Kosten der Währungsunion den Zusammenhang mit der Auflösung der Währungsautonomie haben, das heißt mit Auflösung der Freiheit, unabhängige Geldpolitik durchzuführen, und der Freiheit, den nominalen Währungskurs als Instrument der Wirtschaftspolitik verwenden zu können.

Gleichzeitig ist noch der Unterschied zu erwähnen, der zwischen nominalen und realen Wechselkurs existiert. Entscheidend ist der reale Wechselkurs. Der hängt von der Preis- und Lohnflexibilität ab und von der Mobilität der Arbeitskräfte.

All das ist der bekannte Ausgangspunkt, und ich setze voraus, daß wir alle das wissen. Die Währungsunion eliminiert die möglichen Veränderungen des Wechselkurses, und wir müssen uns die Frage stellen, wie zufrieden wir mit der Preis- und Lohnflexibilität und mit der Mobilität der Arbeitskräfte sind. Ich befürchte, daß sie nicht genügend sind, und daß sie die Anpassung des realen Wechselkurses nicht sichern können. Sollte es wahr sein, brauchen wir die Fiskalpolitik. Aber die Fiskalpolitik ist der Kern der nationalen Souverenität. Es scheint mir deshalb, daß die Debatte über die Europäischen Währungsunion zugleich mit der Debatte über die Europäische Fiskalunion geführt werden sollte, und wenn ich mich nicht irre, wurde so eine Debatte bis jetzt nicht geführt, oder wenigstens nicht seriös.

Falls ich also wiederholen darf, hat die Währungsunion weitführende fiskale Zusammenhänge, wie ich schon in der Vergangenheit öfters zu betonen versuchte. Meine theoretische Überzeugung wurde durch meine jüngste politische Erfahrung gestärkt. Die ehemalige Tschechoslowakei war - obwohl es nicht so interpretiert wurde - ein bestimmter Typ der Währungsunion, und wie wir vor ein paar Jahren begriffen haben, war diese Union zu groß, als daß sie als Währungsunion überleben kann.

Als der letzte Finanzminister dieses Währungsraumes weiß ich, daß wir

• ohne die Hilfe des nominalen Wechselkurses zwischen dem tschechischen und dem slowakischen Teil der Föderation und

• ohne meinen Willen zum Desintegrieren der Fiskalpolitik

Geld schicken müssen, was bedeutet, umfangreiche Fiskaltransfers durchzuführen, damit man die wachsenden ökonomischen Unterschiede und Ungleichgewichte hindert. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es möglich sein könnte ohne irgendeine politische Union. Ohne diese politische Union, hielt sich die Währungsunion bei uns nur noch weitere sechs Wochen.

Wenn ich zu meinem ursprünglichen Argument nochmals zurückkomme, muß ich wiederholen, daß die unterschiedlichen Währungssysteme ihre Begleiterscheinungen haben, und daß wir über diese diskutieren sollten, und nicht nur über technische Details, der European Central Bank und ihrer Politik.

Den notwendigen Vergleich können wir z. B. mit den Vereinigten Staaten machen. Die Behauptung, daß es keinen Sinn hat, daß jeder einzelner amerikanischer Staat seine eigene Währung hat, ist nur ein einseitiger Blick. Wichtiger ist die andere Seite der Sache: Wie könnten die Vereinigten Staaten ohne Präsidenten, Kongreß, Föderalhaushalt, ohne Föderalinstitutionen, ohne zentrale Byrokratie funktionieren? Das Wichtigste ist dann nicht die Ersparung der Transaktionskosten bei der gemeinsamen Währung, sondern das Problem der neuen politischen Prozesse und der neuen politischen Institutionen.

Ich glaube, daß wir das sehr gut wissen.

Václav Klaus, Presseclub-Forum, Bonn, 14. März 1998

vytisknout

Jdi na začátek dokumentu