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Bemerkungen zum Thema: Globalisierung und/oder Solidarität

Deutsche Seiten, 13. 2. 2002

Die gewählte Kombination der Terminen in dem Titel unserer Debate - Globalisierung, Solidarität - ist für mich schwer zu verstehen. Das Bindewort „oder“ ist ganz unverständlich, das Bindewort „und“ hat keinen Inhalt und keinen Sinn. Ich bin nicht sicher, ob wir beide Termine richtig interpretieren, ob z. B. das Wort Solidarität eine pflichtige, durch die Regierungen organisierte Hilfe oder eine spontanne Hilfe, die die Leute selbst machen, bedeuten sollte.  Aber wichtiger ist, was der Begriff Globalisierung bedeutet. Für unsere Zwecke brauchen wir keine wissenschaftliche Definition. Die existiert nicht. Wir brauchen eine pragmatische Definition. Wir können wahrscheinlich als genügend akzeptieren, daß wir - insbesondere in den letzten Jahrzehnten - Zeugen einer steigenden Internationalisierung von vielen Arten menschlicher Tätigkeit gewesen sind. Diese Internationalisierung wurde durch technologische Entwicklung ermöglicht, was aber wichtiger ist, sie wurde durch den weltweiten Liberalisierungs- und Deregulierungsprozeß, durch die immer breitere Akzeptanz des Gedanken der offenen Gesellschaft, durch die günstigere Atmosphäre, die nach dem Ende des kalten Krieges herrschte, verursacht. Diese Entwicklung wird Globalisierung genannt.

Globalisierung bedeutet ein Öffnen der Länder. Sie bedeutet eine Integrierung von einzelnen Ländern zu einer Weltgesellschaft und Weltwirtschaft, einen höheren Maß an Wettbewerb, mehr Freiheit, einen sehr intensiven und steigenden Austausch von Gedanken, Menschen, Geld und Kapital, Waren und Dienstleistungen durch die ganze Welt.
Als jemand, der aus einem ehemaligen kommunistischen Land stammt, weiß ich es zu schätzen, denn wir konnten es in der Vergangenheit nicht genießen. Ihre Vorzüge sind unbestreitbar.

Im positiven Sinne
wird Globalisierung von denjenigen angenommen, die sich selbst für progressiv, in die Zukunft blickend und flexibel halten. In einem negativen Sinne wird Globalisierung gesehen von denjenigen, die sich vor neuen Sachen fürchten, die keine Änderungen mögen, die ihre alten, anspruchslosen, geschützten und relativ bequemen Positionen bevorzugen. Die erste loben sie, die andere kritisieren sie. Die Frage ist, wen sollte man loben oder kritisieren. Die Globalisierung wurde nicht von individuellen Menschen, von internationalen Institutionen oder von reichen und entwickelten Ländern organisiert. Globalisierung ist ein evolutionärer Prozeß. Sie ist keine Politik und aus diesem Grunde kann sie niemands Politik sein. Ihre Hauptelemente - der freie Handel, der freie Austausch von verschiedenen menschlichen Aktivitäten und das Öffnen der einzelnen Gesellschaften - sind nicht von oben auferlegt worden. Sie sind spontan entstanden und waren mehr durch private als durch öffentliche Interessen motiviert.

Wie üblich hat die Münze nicht nur die angenehme Seite. Es gibt nicht nur Vorteile oder Erträge. Man muß auch über Kosten und über direkte und indirekte Nebenprodukte (oder Externalitäten) sprechen. Ich möchte hier heute vier Probleme erwähnen.

(1)              Der Prozeß der Globalisierung ist nicht glatt, linear oder direkt und wird nie so werden. Wir müssen auch andere Tendenzen erwarten. Die Geschichte der menschlichen Zivilisation ist eine endlose Folge von Integrierungs- und Desintegrierungs-(oder Universalisierungs- und Atomisierungs-)Tendenzen. Die gegenwärtige Bewegung in eine Richtung ist nicht unbekannt oder ohne Präzedens. Sie erscheint revolutionär, groß und ungewöhnlich nur dank unserer Unfähigkeit, sie in der richtigen Perspektive zu betrachten. Der berühmte österreichische Denker Ludwig Wittgenstein sagte im Jahre 1936, daß "Überhaupt hat der Fortschritt das an sich, daß er viel größer ausschaut, als er wirklich ist". Diese kluge Bemerkung gilt für die Globalisierung genauso gut wie für beliebige andere Erscheinungen.

(2)              Die Globalisierung ist in ihren Auswirkungen nicht neutral. Sie hat Gewinner und Verlierer. Die Welt nach erster Phase der Globarisierung ist mehr integriert, jedoch nicht homogener als zuvor. Was das bedeutet? Ist der gegenwärtige Prozeß des Öffnens, der Liberalisierung und Deregulierung, begleitet von der Einführung (oder Aufdrängung) von Sozial-, Umwelt-, Arbeits-, Gesundheits-, Sicherheits- usw. Standards, ein Mittel für die höhere Homogenität der ganzen Welt und für die reale Konvergenz verschiedener Länder, oder ist er eine raffinierte Methode zum Schutz der existierenden Differenzen, Privilegien und riesigen Abstände im Einkommen und Reichtum? Ich bin davon überzeugt, daß die Einführung der heute modischen "Standards" reicher und entwickelter Länder die Entwicklungsländer zwingt, in Armut zu bleiben und ihre komparativen Vorteile zu verlieren. (Wir - als Kandidatland der EU - sehen das ganz klar.) Dieses Benehmen ist für mich neue Form des Protektionismus und ein Zeichen der Antisolidarität.

(3)              Globalisierung (und der Anstieg der Migration der Menschen) untergräbt den traditionellen Nationalstaat. Das ist heute insbesondere auf dem europäischen Kontinent sichtbar. Ist das ein Segen oder nicht? Als jemand, der in der kommunistischen Ära nicht nur als Einzelperson, aber auch als Teil einer Nation beschädigt worden ist, sehe ich das keineswegs als Segen. Ich kann die gegenwärtige Mode nicht teilen, die andeutet, es sei nicht wichtig, eine Nation, das heißt eine Entität mit gemeinsamer Geschichte und mit gemeinsamem Schicksal, zu sein, denn es ist ausreichend, bloß eine "Kollektion von Menschen" zu sein. Wir brauchen mehr als das. Ich glaube nicht, daß die geteilte und gemeinsame Empfindung der Probleme ohne den Nationalstaat erreicht werden kann.

(4)            Die Globalisierung selbst wird keine Harmonie mit sich bringen und ihr Ergebnis wird nicht das Ende der Geschichte oder das Ende der Ideologie sein. Der Konflikt der Visionen wird verbleiben. Für mich steht die Frage  anders. Wird die Globalisierung (und Integrierung) mehr Freiheit oder weniger Freiheit mitbringen? Die 100 % positive Antwort kann ich nicht teilen. Wie wir das in Europa sehen, hat die kontinentale Integrierung den Rückgang des klassischen Parlamentarismus zugunsten neuer Mechanismen des Lebens der Gesellschaft zur Folge und dank meiner, von der kommunistischen Ära übriggebliebenen Überempfindlichkeit kann ich das nicht als eine positive Sache sehen. Ich befürchte, daß die Globalisierung nicht mit dem Sieg des Kapitalismus, der parlamentarischen Demokratie und der freien Märkte verbunden sein wird. Sie wird mit einer immer stärker werdenden Rolle anderer "Ismen" verbunden sein. Ich sehe die Durchsetzung des Kommunitarismus, nicht der parlamentarischen Demokratie, die Durchsetzung verschiedener "dritter Wege", keiner freien Märkte, die Durchsetzung des Korporatismus, nicht des Kapitalismus, die Durchsetzung des Environmentalismus, Menschenrecht-ismus und NGO-ismus, nicht der Freiheit der Menschen. Das wird zu einem großen Problem unserer Zeit.

Was sollten wir mit der Globalisierung tun? Es gibt natürlich keinen Weg, sie zu stoppen und es gibt auch keinen Grund dafür. Unsere Aufgabe ist „nur" die einseitige Rechtfertigung der Politik, Praktiken und Methoden, die von stärkeren, aktiveren, weiter entwickelten, besser vorbereiteten angewendet werden, zu ändern oder am mindestens zu komplizieren.

Wir sollten das Konzept des freien Handels gegen alternative Konzepte (wie fairer Handel) verteidigen, denn wir können den Handel nicht fairer machen, indem wir seine Freiheit einschränken. Und wir sollten nie annehmen, daß Politiker und Bürokraten fairer sind als Märkte.

Wir sollten uns gegen den Protektionismus
in all seinen modernen, sophisticated, nicht transparenten Varianten stellen, die in den entwickelten Ländern angewandt werden, die diese Länder effektiver schützen als die alten, simplen und sichtbaren Methoden, welche die neu entstehenden Märkte schützen.

Es sollte nicht vergessen (oder unterschätzt) werden, daß die erfolgreiche ökonomische Entwicklung jedes Landes eine wichtige heimische Beteiligung braucht
, was bedeutet, daß die einheimischen Subjekte ihre Chance bekommen müssen.

Diese Erwähnungen sollen nicht andeuten, daß es eine wirtschaftliche Prosperität ohne Freiheit der Menschen geben kann, daß man autoritären Herrschern erlauben sollte, ihre Gesellschaft geschlossen zu halten, und daß es eine Alternative zu den freien Märkten gibt.

Wenn es eine Botschaft gibt, die ich hier hinterlassen möchte, würde ich sie folgendermaßen formulieren: sich öffnen ja, die Einführung von exogenen Standards und Protektionismus von Entwickelten nein.

Václav Klaus, Bemerkungen zur Diskussion in der Industriellen Vereinigung, Wien, 13. Februar, 2002

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