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Interview für Süddeutsche Zeitung

Deutsche Seiten, 5. 5. 2003


Herr Präsident, fühlen Sie sich schlecht informiert über die Europäische Union?           

Ich bin absolut informiert. Mein Lebensthema sind schon lange nicht mehr die Beseitigung der Planwirtschaft oder Fragen der Währungspolitik. Mein wichtigstes Thema ist Europa und die Europäische Union. Ich habe vor zehn Jahren den Assoziationsvertrag Tschechiens mit der EU mitunterschrieben, den Beitrittsantrag vor sieben Jahren und den Beitritt zur EU vor 14 Tagen. Für mich ist das ein Thema, vom dem ich alles weiß, was ich wissen muss.        

Der tschechische Außenminister Cyril Svoboda hat aber einige Ihrer Ansichten zur EU damit  erklärt, Sie seien oberflächlich informiert.                                                   

Das kommentiere ich besser nicht.                                                      

In dem Streit ging es um Ihre Äußerung, Tschechien werde nach dem EU-Beitritt einen Teil seiner Souveränität verlieren. Welchen?                                                       

Zunächst will ich sagen, dass wir keinen Streit geführt haben. Der Herr Außenminister war ein bisschen traurig, dass nicht er es war, der in Athen den Beitrittsvertrag unterzeichnet hat. Darum ging es. Einen anderen Streit hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben.    

Aber wie verhält es sich mit dem Verlust der Souveränität?                                

Darüber, dass der Beitritt zur EU einen wesentlichen Souveränitätsverlust bedeutet, bin ich noch nicht einmal bereit zu streiten. Das ist so selbstverständlich, dass das jedes kleine Kind weiß. Und wenn der Außenminister sagt, dass ich mit dieser Einschätzung durch eine Hochschulprüfung fallen würde, so sage ich, dass er nicht einmal auf der Grundschule damit durchkäme.                                                                                    

Aber wie erklären Sie diesen Souveränitätsverlust den Bürgern?                            

Die tschechischen Bürger verstehen das gut. Sie wissen, dass ein bedeutender Teil derEntscheidungen über ihre Köpfe hinweg getroffen werden wird und hinweg über die Köpfe der von ihnen demokratisch gewählten Vertreter in Parlament und Regierung.                            

Warum soll der tschechische Bürger dann im Referendum im Juni für den Beitritt stimmen?   

Der tschechische Bürger erwartet, dass dieser Verlust an Souveränität durch etwas       aufgewogen wird. Nach dieser Kosten-Nutzen- Rechnung fällt er sein Urteil. Ich glaube, dass die Mehrheit derer, die sich am Referendum beteiligen, zum Schluss kommt, dass die Rechnung für sie positiv ausfällt.                                                                      

Wie wollen Sie die Menschen davon überzeugen?                                           

Ich will den tschechischen Bürger gar nicht überzeugen. Er ist ein freier Mensch und muss selbst entscheiden.                                                                      

Und wenn es schief geht?                                                                  

Dann wäre das die freie Entscheidung der tschechischen Bürger. Ich erwarte das aber nicht.                                                                                         

Zurück zur europäischen Zukunft. Warum halten Sie eine gemeinsame Außenpolitik der EU für gefährlich?                                                                                   

Ich habe gesagt, dass sie unnötig wäre. Angesichts der Verteilung der Kräfte und       Meinungen im heutigen Europa wäre eine solche Politik künstlich. Der Versuch einer Gleichschaltung kann nicht erwünscht sein.                                                    

Deutschland, Frankreich, Belgien und Luxemburg haben sich auf eine Vertiefung der militärischen Zusammenarbeit verständigt. Was hält das künftige EU-Mitglied Tschechien davon? 

Fraglos haben diese vier Länder das Recht, Initiativen zu entwickeln ? so wie jede      Gruppe beliebiger anderer Staaten. Wenn auch dies in der EU verboten sein sollte, dann wäre das der Anfang vom Ende. Etwas anderes ist es, ob ich das für produktive, nützliche und positive Aktivitäten halte. Darauf muss ich leider antworten: keineswegs. Ich empfinde sie als gewissen Versuch, die Nato und die transatlantischen Bindungen zu schwächen und aus der EU eine Art Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten zu machen. Ich denke, dass das nicht nötig ist.                                                                                           

Amerikaner können sich vorstellen, dass US-Soldaten von Deutschland nach Tschechien verlegt werden. Sie auch?                                                                     

Dieses Thema hat in der ganzen Zeit von 1989 bis heute keinerlei Rolle gespielt.       Niemand hat je öffentlich darüber diskutiert. Nicht einmal im Familien- oder Freundeskreis wäre ich auf die Idee gekommen, über so etwas zu sprechen. Dieses Thema ist für uns also absolut neu. Aufgrund unserer Geschichte sind wir sehr empfindlich, wenn es um fremde Truppen auf unserem Territorium geht. Ich glaube, die erneute Stationierung fremder Truppen wäre wohl nicht willkommen. Ich verstehe auch wirklich nicht, welchen militärischen Sinn solche Basen haben sollten.                                                                                

Die zehn Abgeordneten der CSU haben im Europaparlament gegen den Beitritt Tschechiens gestimmt. Hat Sie das enttäuscht?                                                             

Es hat mich überrascht. Nicht, weil zehn einzelne Abgeordnete gegen den tschechischen Beitritt gestimmt haben. Das ist ihr gutes Recht. Ich bin aber sehr überrascht, dass es die einheitliche Abstimmung einer ganzen Partei war, noch dazu der bayerischen Regierungspartei. Indirekt wurde auch bestätigt, dass dies ein Standpunkt war, den auch die bayerische Regierung begrüßt hat. Das ist schon eine ernstere Sache.                                               

Sie haben die Vertreibung der Sudetendeutschen kürzlich als aus heutiger Sicht unannehmbar bezeichnet. Ist das für Sie das letzte Wort zu diesem Thema?                                  

Ich habe gesagt, dass Taten, die von 1938 bis 1946 begangen wurden, aus heutiger Sicht unannehmbar sind. Ich habe sehr deutlich auf die zeitliche Abfolge hingewiesen, und darauf, dass die einen Taten Folge der anderen waren. Aus heutiger Sicht, am 2. Mai 2003 im ruhigen München, sind das Taten von einem anderen Stern, aus einer anderen Zeit, aus einer anderen Welt und für heute absolut unvorstellbar. Diese Frage wird mir sicher noch tausend Mal gestellt. Das letzte Wort ist es in dem Sinne, dass es eine andere Antwort nicht geben wird.  

Václav Klaus, Süddeutsche Zeitung, 2.5.2003

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